Babyshambles live in Köln 2006

Drei Tage nachdem Peter Doherty drei Mal „das Flugzeug verpasst“ hat, kam er mit seinen Babyshambles dann doch noch nach Köln – in außergewöhnlichen Outfits.

Köln, E-Werk // 13.05.2006

Babyshambles live in Köln 2006, Foto: Jens Becker

Babyshambles live in Köln 2006, Foto: Jens Becker

Warten. Warten auf Pete Doherty. Kommt er? Kommt er nicht? Wenn er kommt, was dann? Warten. Leidensfähigkeit ist die grundlegende Eigenschaft eines Babyshambles-Fans. Ohne geht’s nicht.
So hat sich im Laufe der Zeit ein Fankreis herausgeschält, der Pete Doherty in ein gottgleiches Licht rückt. Andere strafen ihn mit Verachtung, eine Strafe, die den Ex-Libertine genau so zu stören scheint, wie der nächste drohende Knastaufenthalt wegen Heroinkonsums. Der hat für reihenweise Konzertabsagen gesorgt, was ihnen den wenig schmeichelhaften Namen „Maybeshambles“ einbrachte. Auch die geplante Show im Kölner E-Werk fiel flach. Herr Doherty hat leider drei Flüge verpasst – so der Veranstalter.
Nörgelnd kamen rund 1.000 Fans drei Tage später zum Nachholtermin. In Berlin hatte er mit mehreren Stunden Verspätung angefangen, dafür aber auch zwei Stunden gespielt – gottgleich versteht sich. Nun also wieder die Frage: Kommt er? Oder nicht? Er kam – und zwar in einem Blümchenkleid aus Omas Schrank, Angela Merkel-Perücke, und völlig drauf! Heroin und Crack hieß es aus den bekannt gut unterrichteten Kreisen. Dementsprechend wankte Doherty über die Bühne. Gleichgewicht? Brauch ich nicht. Selbst in einem Formtief trifft Kevin Kuranyi mehr Tore als Doherty zeitweise Töne. Wen das herzlich wenig störte, waren die Fans. Was sich in den vorderen Reihen abspielte, erinnerte fast schon an die Hysterie bei Tokio Hotel, nur etwas gesitteter. Doch gerade wenn Pete Doherty mal wieder unverständliches Zeugs ins Mikro nuschelte, waren auch andere Töne zu hören. „Nie wieder zu einem Konzert von einem Drogen-Junkie“, meinten die einen, andere brüllten angepisst Sätze, in denen die Wörter „Proberaum“, „Penner“ oder „Frechheit“ vorkamen. Musikalisch war das definitiv eine grausame Vorstellung. Für die Fans ist natürlich Pete Doherty selber das Event.
Babyshambles live in Köln 2006, Foto: Jens Becker

Babyshambles live in Köln 2006, Foto: Jens Becker

Die Unberechenbarkeit schlug nach einer Stunde dann noch mal in beide Extreme aus. Spielt er eine Zugabe oder nicht? Was bei eigentlich allen Bands schon auf der Setlist steht, ist im Doherty-Kosmos eine große Unbekannte. Natürlich auch in Köln. Nach einer Viertelstunde kam ein Crewmitglied auf die Bühne, eine Schale in der Hand. Wenn die Band eine Zugabe spielen soll, passt das mit der Rückreise nicht. Da die Jungs aber pleite sind, müssten die Fans Geld für einen späteren Flieger sammeln, aber bitte nur Scheine! Sofort flogen Münzen auf die Bühne, Mittelfinger reckten sich. Der Roadie verzog sich schnell. Irgendwann kamen die Babyshambles dann aber doch noch mal. Normalerweise wird Bands der Strom abgedreht, wenn die Hausherren ihre Disco starten wollen. Diese Frist war schon lange verstrichen, Doherty hatte aber scheinbar nicht die Absicht zu gehen.
Irgendwann ging das Licht in der Halle an, der DJ überdeckte über die Hallenanlage die Babyshambles mit Fire In The Attic aus der Dose, nur über die Monitorboxen auf der dunklen Bühne war die Band noch leise zu hören. Sie spielte einfach weiter. Ob aus Trotz oder weil sie es gar nicht mitbekam, war nicht ersichtlich. Irgendwann räumte Pete Doherty dann aber trotzig einen Teil des Equipments ab, schüttete sich noch ordentlich Wodka runter, ging vorne an den Fans entlang und verschwand – wahrscheinlich für längere Zeit aus Deutschland. Erstmal steht für ihn demnächst wohl ein Knastaufenthalt an, und diverse Tourabsagen später wird er vielleicht mal wieder auftauchen. Bis dahin: Warten …