Plastikpunks – Ein Interview über Wohnzimmerkonzerte aus Lego und Bausteinbier

Alex baut Punkbands aus Lego nach. Konzerte von Feine Sahne Fischfilet, Turbostaat oder die Broilers arrangiert er solange bis die kleinsten Details stimmen. Die Fotos der Lego-Konzerte von Kay Oezdemir sehen fast aus wie die Originale. Im Interview spricht der Macher der Plastikpunks über sein kleines Hobby-Projekt,  die Reaktionen der Bands auf ihre Mini-Mes aus Plastik und verrät, welche Biersorten es alle auf seinen ungewöhnlichen Wohnzimmerkonzerten gibt.
GETADDICTED: Hi Alex, was sind die „Plastikpunks“?
Alex: Ich hatte schon immer einen Hang zu Lego. Meine Eltern haben mein Lego von früher nie entsorgt oder verkauft. Nach vielen Jahren in diversen Städten bin ich zurück nach Düsseldorf gezogen und hab dann auch das gesamte Lego aus dem Keller meiner Eltern aufs Auge gedrückt bekommen. Ja, und dann nahm das Unheil seinen Lauf … Ich habe wieder angefangen zu sammeln und besitze jetzt ca. zwölf große Lego-Modelle und jede Menge Figuren in Setzkästen. Es sind so ca. 300 Figuren aus verschiedenen Serien, viel UCS von Star Wars (Ultimate Collector’s Series, Anm. d. Red.).
GETADDICTED: Wie kommt du auf die Idee mit den Bands?
Alex: Lego hatte in einer Minifiguren-Serie einen Punk mit pinkem Iro. Ich wusste sofort, wenn man den ein wenig modifiziert, dann sieht der aus wie Ron von den Broilers. Also habe ich die komplette Band mit Bühne gebaut. Die Broilers habe ich dann bei einem Radiokonzert in Saarbrücken getroffen und mir die Bilder davon signieren lassen, aber die Reaktion der Band war wenig begeistert. Also habe ich nachgebessert: Bessere Bühne mit Beleuchtung und, und, und… Ich hatte zu der Zeit nicht vor, noch weitere Bands zu bauen, denn hey, ich hatte ja mein tägliches Wohnzimmerkonzert der Broilers.

Sondaschule als Plastikpunks, Foto: Kay Oezdemir

Sondaschule als Plastikpunks, Foto: Kay Oezdemir

GETADDICTED: Und wo kommt der Name genau her?
Alex: Im Sommer vor, ich glaube, zwei Jahren spielten die Rogers ein Festival in Düsseldorf. Die Band war heiß, das Konzert echt gut, aber das Publikum war unfassbar schlecht. Echt, die haben einen doof angeschaut, wenn man mitsingen konnte und so. Das tat mir voll Leid und ich dachte mir, dass die Band so ein Publikum nicht verdient hat. Ich wollte was fröhlicheres für die Rogers machen. Also habe ich mich am nächsten Tag dran gesetzt: Broilers runter von der Lego-Bühne und die Rogers gebaut. Ich habe das anschließend auf Facebook gepostet mit dem Titel „Mein Rogers-Wohnzimmerkonzert“.
Die Band hat das echt abgefeiert. Ich habe also irgendwie ins Schwarze getroffen. Im Ramones-Museum in Berlin hat Artur mir dann mein persönliches Rogers-Wohnzimmerkonzert versprochen. Ich glaube es wird Zeit, die Herren mal wieder daran zu erinnern. 😉 Den Rogers verdankt das Ganze daher auch den Namen „Plastikpunks“. Das war ein Hashtag zu einem Foto auf der Seite der Band mit mir und einem recht großen Foto der Lego-Rogers. Tja, und dann hab ich zufällig eine Frisur im Netz gefunden, bei der ich dachte: „Das könnten die Haare von Alex von Pascow sein…“ Und so folgten dann Pascow, dann Turbostaat, die Sondaschule und Feine Sahne Fischfilet…
GETADDICTED: Lego und Punk – wie passt das für dich zusammen? Findest du, dass Punk an sich in der Lego-Welt unterrepräsentiert ist?
Alex: Ob das zusammen passt? Das hab ich mich auch schon oft gefragt. Auch als ich für Feine Sahne das „FCK NZS“-Shirt gemacht habe. Aber hey, Lego ist bunt und ich glaube genau das ist der richtige Ansatz. Es vermittelt doch gute Laune und das ist es, worum es für mich geht. Und die Bands, die ich baue, sollen auch live gute Laune versprühen, dann passt das für mich. Irgendwie wird dann ein Schuh draus.
Also mehr Lego und weniger Dummheit auf der Welt! Das wäre es doch…. die Antilopen sagen Pizza, ich sage Lego 😉
Alex, der Macher der Plastikpunks aus Lego, Foto: Kay Oezdemir

Alex, der Macher der Plastikpunks aus Lego, Foto: Kay Oezdemir

GETADDICTED: Baust du immer neue Bühnen oder stehen alle Bands auf der gleichen? Welchen Maßstab haben die Bühnen überhaupt?
Alex: Die Bands stehen gerade auf meiner dritten Lego-Bühne. Die Bühne ist ca. 40 Zentimeter breit und 20 Zentimeter hoch. Das hat sich quasi immer weiter entwickelt. Mittlerweile gibt es auch eine Bar, Toiletten und einen Merchandising-Stand. Ich bin nicht ganz happy mit nur einer Bühne. Unterschiedliche Bands spielen einfach in unterschiedlichen Venues, also stehen derzeit noch das Bühnenprojekt „Kellerclub“ und die Bühne „Sporthalle“ auf dem Plan. Aktuell sammel ich noch Ideen und vor allem Steine dafür. Im Kopf ist das Ganze schon recht weit, jetzt fehlt nur noch Zeit zum Umsetzen. Wenn ich dann anfange dauert so eine Bühne mit Publikum ca. zwei Tage als Bauzeit.
GETADDICTED: Steht dann deine ganze Bude voller Lego-Bühnen und du hast jeden Tag Festival im Haus?
Alex: Genau! Derzeit werden die Konzerte von ca. 300 Lego-Figuren besucht. Das Publikum hat auch alles, was ein normales Konzert ausmacht: die Oben-ohne-Fraktion, Hipster, Punks, Fans mit Smartphone, Rollstuhlfahrer, Biker und, und, und. Ganz genau darf man aber nicht hinsehen. Es gibt auch den ein oder anderen mit Schlafanzug oder DFB-Trikot im Publikum. Wichtig ist ja, dass es gefüllt aussieht.
Bei den Bands dauert es immer etwas, bis man so die passenden Köpfe, Haare und Hosen zusammen hat, das ist nicht so leicht. Lego-Figuren haben keine Nase, die macht ja viel aus. Es gibt nur begrenzt Frisuren, da heißt es also immer Augen aufhalten.
GETADDICTED: Verwendest du ausschließlich Original-Lego oder nutzt du z.B. auch Zubehör von anderen Anbietern wie Brickforge, Citizen Brick, Eclipse Grafix, Brickstuff, etc.? (Frage von unser Nerd-Fraktion)
Alex: Ich kaufe viel Online. Fire Star Toys aus England hat zum Beispiel viel Custom Lego, das hilft schon mal. Auch die Instrumente gibt es so nicht alle vom Hersteller. Die Posaune von Chris aus der Sondaschule ist einem 3D-Drucker entsprungen. Aber ich versuche den Anteil an legofremden Steinen gering zu halten.
Die Plastikpunks in der Mache, Foto: Alex Zareba

Die Plastikpunks in der Mache, Foto: Alex Zareba

GETADDICTED: Kommen wir zu den wichtigen Themen: Du hast Lego-Bier bestellt: Welche Sorten hast du? Welche Sorten brauchst du? Welche gibt es?
Alex: So etwas wie Bier musste sein. Klar, bei Turbostaat nur alkoholfrei, aber andere Punks brauchen halt Bier. Hier gibt es von Guinness über Becks für jeden was. Natürlich darf auch der Pfeffi am Merchandising nicht fehlen.
GETADDICTED: Wie gehst du bei der Auswahl der Bands vor?
Alex: Für mich sind die „Plastikpunks“ ein reines Spaß-Projekt. Ich bin der Meinung, dass ich eine sehr große Leidenschaft für Musik habe und gehe wahnsinnig gern auf Konzerte. Durch diese Mischung entstehen die „Plastikpunks“. Was mir live gefällt und wenn mir die Band sympathisch ist, dann stimmt die Grundlage für die „Plastikpunks“. Darum weiß ich, zum Beispiel, dass ich unbedingt mal Love A bauen muss.
GETADDICTED: Guckst du, was du hast und welche Band du kreieren kannst oder sucht du Bands aus und besorgst dir dann alle Teile, die du haben willst?
Alex: Wenn ich Zeit und Lust habe eine neue Band zu bauen, dann schaue ich mir im Netz Live-Bilder an und beginne ich mit der Suche. Immer erst in meinem Bestand und wenn Steine fehlen, dann wird das Netz bemüht. So lange bis ich zufrieden bin. Manchmal hole ich mir noch weitere Meinung ein, bevor ich die Band auf die Bühne stelle.
Bei Monchi von Feine Sahne gab es, ich glaube, sieben verschiedene Monchis. Ich habe Kay (Oezdemir, Fotograf , Anm. d. Red.) immer wieder Bilder geschickt und nach seinem Kommentar weiter verändert. Ich war lange unsicher, ob ich das so machen kann, wie es am Ende geworden ist. Da Kay und Monchi sich kennen, habe ich ihn gebeten, Monchi erst mal zu fragen. Aber dann habe ich die Bilder doch gepostet ohne vorher gefragt zu haben. Zum Glück scheint die Band begeistert zu sein.
GETADDICTED: Ein paar Bands sind ja auch schon auf deine Kreationen aufmerksam geworden. Wie kam der Kontakt zustande, was ist draus geworden?
Alex: Ich habe vier Bands kennengelernt, nach dem ich sie als Plastikpunks gebaut habe. Am meisten gefreut haben mich die positive Reaktion. Man glaubt gar nicht, wie gut sich der ein oder andere mit Lego auskennt. Also Tobert von Turbostaat hat sogar mal einen Preis für seine Lego-Kreation gewonnen und Alex Pascow ist dank seines Sohnes auch voll im Thema. Dank der Lego-Rogers habe ich viele feine Menschen kennen lernen dürfen. Verrückt, was mittlerweile so daraus geworden ist.
Turbostaat als Plastikpunks, Foto: Kay Oezdemir

Turbostaat als Plastikpunks, Foto: Kay Oezdemir

Chris von der Sondaschule war auch mega neugierig. Er hat mir mal eine E-Mail geschickt und gefragt, ob es für Lego Posaunen gibt. Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon einen Teil der Sondaschule fertig und musste ihm einfach sagen, dass ich gerade an seiner Band sitze. Wir haben dann öfter geschrieben. Vor allem hatte ich ihn darum gebeten, dass er dem Rest der Band nichts sagt. Ich hoffe, die Herren sind zufrieden mit dem Ergebnis ihrer „Plastikpunks“.
GETADDICTED: Ich weiß ja nicht wie groß du so denkst, aber haben Metallica schon mal proforma eine Unterlassungsklage eingereicht?
Alex: Haha. Ich warte noch auf den Tag, an dem mir ein Brief ins Haus flattert, in dem der Briefkopf einer Anwaltskanzlei mehr Platz einnimmt als der eigentliche Text. Da habe ich einige Bands wohl falsch eingeschätzt. Nein, Spaß bei Seite, Metallica hat sicher schon einer aus Lego gebaut. Obwohl ich sagen muss, dass Lego nur wenig Auswahl an langen Haaren für Kerle hat. Könnte auch ein Grund sein, warum ich beim Punk und nicht beim Metal gelandet bin. Aber so eine Bühnenproduktion wie Muse zu bauen….. das wäre schon krass. Jetzt hast du mich aber zum Grübeln gebracht!
GETADDICTED: A propros Größenwahn: Auf welchen Maßstab kannst Du das noch eskalieren? So ein ganzes Punk-Festival auf der Lego-Fanwelt in Köln wäre doch ganz nice, oder? Irgendwelche Pläne in die Richtung?
Alex: Ich hab beim besten Willen keine Ahnung, wie groß das noch wird. Es soll ja Spaß machen und mich nicht stressen. Zum St. Patricks Day hätte ich gern die Dropkick Murphys fertig – mit neuer Bühne und so einigen Special Effects. Das wäre dann die erste internationale Band. Und wer weiß, vielleicht folgt noch ein Festival.
GETADDICTED: Sondaschule, Rogers, Feine Sahne Fischfilet, Turbostaat, Pascow, Broilers – welche Band wird es als nächstes geben?
Alex: Ich glaube fast nicht, dass noch viele internationale Bands folgen werden. Wir haben so unfassbar gute Bands in Deutschland. Ich setz mich lieber mit denen hier auseinander. Vielleicht kann ich mir auch einfach nicht vorstellen, dass James Hetfield mir mal die Hand schütteln werde und dann so meint „Hi, motherfucking Lego-Man!“ Eine Band weiß übrigens schon, dass ich sie baue werden, aber welche wird noch nicht verraten. Ich bin mir sicher, die Ideen gehen mir nicht aus.