Sven van Thom – Ach

Im Country und Folk erzählt man tragische Geschichten aus dem wahren Leben. Sven van Thom erzählt tragikkomische und ist dabei genauso gut wie die ernsten Kollegen. Weil er die Wahrheit sagt.

Sven van Thom - Ach

Sven van Thom – Ach

Dass Silvester Scheiße ist, zum Beispiel. Zumindest, solange man immer noch der Ereignispflicht nachgibt, Partys mit seltsamen Menschen zu besuchen. Die Angst, etwas zu verpassen, wenn man sich einfach nur um Mitternacht mit Frau oder Freundin das Feuerwerk der Nachbarn ansieht, während die Ohren der Katze auf der Fensterbank zucken, wird Sven van Thom bald verlieren. Aber noch steht er mit dem Ausreisepass für jugendliche Naivität an der Grenze zur Gelassenheit und strickt romantische Mythen moderner Mittzwanziger. Das Motiv, der Angebeteten als Liebesbeweis beim Kotzen die Haare aus dem Gesicht zu halten, kann der Vielhörer mittlerweile von der Bostoner Ska-Punk-Band Jaya The Cat über Herrn van Thom bis auf das neue Kettcar-Album verfolgen. Eine interessante Traditionslinie.
Sven van Thom hat diese Platte voller kurzweiliger, süffig trappelnder Lieder „Ach!“ genannt, weil es das wichtigste Dialogwort in Loriots Sketchen und Filmen war. Nun ist es so, und das sage ich als Autor humoristischer Romane: Selbst, wenn „wir“ – die Komiker in Wort, Bild und Ton – uns auf unseren Zeilen mittels einer Rakete mehrere Kilometer in den Himmel schießen lassen und am höchsten Punkt mit aller Kraft den Arm lang machen, berührt unsere Fingerkuppe gerade mal die herunterhängende Wurzel der Schöpfung Vicco von Bülows. Dennoch passt das Prinzip. „Ach!“ lebt von „das kenn ich auch!“-Momenten für van Thoms Generationsgenossen, von der Lust, zu beobachten und von einem verantwortungsvollen Umgang mit der Sprache.
„Ach Liebe, du Quälgeist, Du hast mir gefehlt meist, doch wenn Du mal da bist, weiß ich nicht, ob Du wahr bist“, singt van Thom in dem Song, an dem die Schriftstellerin Ina Simone Mautz mitgedichtet hat. Hundert Singer-/Songwriter in diesem Land würden daraus eine larmoyante Schrammelballade machen. Hier regieren stattdessen Mandoline, Banjo, Cello, Gitarren und eine Rhythmusabteilung, die ihre Pferde vor dem Saloon geparkt hat. Oder vor der Tanke, wo es noch Dosenbier gibt, damit man später wieder Haare aus dem Gesicht halten kann. Erfrischend.
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